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alternative Antriebe: In den Meeren gibt es keinen Klimaschutz
Windbetriebene Frachtschiffe? Grünes Ammoniak? Umweltbetriebene Schiffe standen bisher vor allem in den Medien. Der wichtigste alternative Brennstoff ist fossiler Brennstoff.
vonKatja Maria Engel
Wind, Wasserstoff, Biokraftstoffe – in den Visionen der Entwickler ist die Seeschifffahrt auf dem Weg zur Klimaneutralität, und ökologische Impulse werden bald die Ozeane dominieren. Das wäre auch notwendig. Schiffe tragen nicht nur etwa drei Prozent zum Treibhausgasausstoß der Menschheit bei. Auch das in riesigen Dieselmotoren verbrannte Schweröl ist extrem schmutzig. Doch während Projekte mit so wohlklingenden Namen wie „Oceanbird“ als Flaggschiffe für mehr Klimaschutz dienen, werden sie – wenn ja – erst in der nächsten Generation kommen. Weil die Branche konservativ ist. Und für die nächste Schiffsgeneration spielt Klimaschutz noch keine Rolle.
Glaubt man den vollständigen Visionen in den Konzeptdokumenten und diversen Medienberichten, dürften Schiffe mit Wasserstoff, Ammoniak, Batterien oder auch Windparks bereits in den Startlöchern stehen. Diese Schiffe existieren bereits. Das Frachtschiff „TresHombres“ beispielsweise transportiert Rum ausschließlich mit Windenergie aus der Karibik nach Europa. Damit es sich jedoch lohnt, benötigen die Betreiber finanzielle Unterstützung durch die mitreisenden Touristen. Auch andere „grüne“ Einheiten kamen bislang nur in Ausnahmefällen zum Einsatz; Man findet sie meist auf kleinen Kurzstreckenflößen oder staatlich geförderten Forschungsschiffen.
Einerseits sind diese Kraftstoffe wie Biokraftstoffe und E-Fuels nicht in den notwendigen Mengen verfügbar oder es fehlen Lieferketten für Schiffe, die um die Welt fahren. Die Internationale Seeschifffahrtsorganisation (IMO), eine von den Vereinten Nationen gegründete Regulierungsbehörde, lässt hingegen keine brandneuen Kraftstoffe wie Wasserstoff und Ammoniak für den täglichen Gebrauch zu. Aus diesem Grund sind Schiffe mit alternativen Antriebssystemen teure Einzelstücke.
Die wichtigste „Alternative“ ist ein Fossil
Sie brauchen mehr davon – und sie sollten bald eintreffen. Der Seeverkehr ist das zentrale Rückgrat des Welthandels, denn Schiffe befördern riesige Frachtmengen über weite Strecken. Und das Wichtigste ist, dass sie eine enorme Haltbarkeitsdauer haben. Ein heute gebautes Containerschiff wird die nächsten 30 bis 50 Jahre auf den Weltmeeren unterwegs sein. Bisher spielte Klimaschutz jedoch kaum eine Rolle. Was also jetzt im Schiffbau passiert, wird Auswirkungen auf die zweite Hälfte des 21. Jahrhunderts haben. Anfang 2022Escreve a VSM (Verein für Schiffbau und Meerestechnik) auf seiner Website: „Es ist unwahrscheinlich, dass die Investitionen in eine klimaneutrale Schifffahrt auch im Jahr 2021 an Fahrt gewinnen werden. Trotz aller Klima- und Umweltschutzverpflichtungen setzen weltweit sieben von zehn neu bestellten Schiffen weiterhin auf konventionelle Technik.“
Und obwohl schätzungsweise 33 Prozent aller neu in Dienst gestellten Schiffe alternative Antriebssysteme nutzen, ist das Wort „alternativ“ hier irreführend. Damit sind Alternativen zu herkömmlichen Heizöl-Dieselmotoren gemeint – und die wichtigste dieser Alternativen ist fossiles Flüssiggas. Der Anteil an der Weltflotte ist mit weniger als einem Prozent noch recht gering – dennoch nehmen diese Schiffe bereits einen großen Platz in den Auftragsbüchern der Reedereien ein. AugeEin Drittel aller Neubestellungen im Jahr 2022, bezogen auf die Tonnage, sind Frachter mit LNG-Verbrennungsmotoren. Die bereits bestellten Schiffe werden, sobald sie gebaut und auf See sind, den bisher geringen Anteil der LNG-Schiffe von einem auf etwa zehn Prozent erhöhen.
Aus ökologischer Sicht ist das durchaus ein Fortschritt – denn Diesel und insbesondere Heizöl sind schmutzige Kraftstoffe, die bei der Verbrennung große Mengen an Stickoxiden und Feinstaub produzieren.Flüssiggas kann die Luftqualität in Häfen deutlich verbessern. An der Treibhauseffektbilanz ändert fossiles Flüssiggas jedoch nicht viel. Obwohl es von der Industrie seit langem als emissionsarme Alternative zu Schweröl und Diesel angesehen wird, ist dies nicht der FallZweites ICCT-Studium (International Council for Clean Transportation)LNG soll über seinen gesamten Lebenszyklus hinweg sogar klimaschädlicher sein als herkömmlicher Schiffsdiesel.
LNG-Schiffe gibt es noch nicht so lange. Erst 2016 wurde Flüssiggas als Treibstoff für Schiffe zugelassen, 2018 lief das erste Kreuzfahrtschiff vollständig mit LNG. Allerdings werden in den kommenden Jahren mehr als 500 Schiffe mit diesem Treibstoff hinzukommen. Der Hauptgrund für die Zunahme gasbetriebener Schiffe sind höhere Energiekosten und neue Gesetze, die den Preis für das bisher hauptsächlich verwendete Heizöl erhöhen.
Grüne Einheiten kommen langsam voran
Andererseits sind ökologische Kraftstoffe wie grüner Wasserstoff oder Ammoniak vor allem in den Medien zunehmend präsent. Und so steht auch die Schifffahrt unter dem Druck, ihre Antriebssysteme zu dekarbonisieren und auf umweltfreundlichere Kraftstoffe umzusteigen. So will die IMO die Emissionen bis 2030 um mindestens 40 % reduzieren. Ein wichtiger Schritt, da allein der globale Güterverkehr für drei Prozent der weltweit ausgestoßenen Treibhausgase verantwortlich ist. Laut ICCT-Forschungsind CO2-Emissionen des zweitgrößten Containerschiffbetreibers der Welt, der Mediterranean Shipping Company (MSC), vergleichbar mit denen der größten Kohlekraftwerke der EU.
Dies ändert sich langsam, da grüne Einheiten noch weit von der Marktreife entfernt sind. Ein wichtiger Anstoß zur Veränderung, der aus Japan kommt. Mehrere Reedereien investieren in die Ammoniaktechnologie. DannJapans zweitgrößte Reederei will Mitsui O.S.L. Lines (MOL) bis 2028 die ersten Ammoniakschiffeschicken. Bereits im Jahr 2022 haben Reeder 73 solcher Schiffe bestellt. Bereits 2023 sollen zwei Schiffe mit Treibstoff in See stechen. Zu diesen Konzepten zählen zunächst einmal auch Lieferketten. Denn auf längeren Routen, beispielsweise nach Afrika, muss sichergestellt werden, wo das Schiff den aktuellen exotischen Treibstoff in ausreichender Menge lagern kann.
Eine weitere Alternative: für Methanol optimierte Motoren. Bisher sind die Zahlen verschwindend gering, doch nach und nach kündigen immer mehr Reedereien die Umstellung auf Methanol an. Zum Beispiel der dänische Konzern Maersk.Die weltgrößte Containerreederei hat 19 Schiffe bestellt, die mit Methanol fahren können – das als Biokraftstoff hergestellt werden kann oder Strom als E-Fuel nutzt. Ende April 2023der erste wurde fertiggestellt. Klimaschutzaspekte spielen daher auch für große Reedereien eine wichtige Rolle, auch wenn diese 19 Schiffe nur etwa 2,5 % der bestehenden Flotte von Maersk ausmachen.
Cosco, die viertgrößte Reederei der Welt,bestellte 12 Methanol-Megaschiffe mit einer Nennkapazität von jeweils 24.000 Standardcontainern (TEU).. Auch die südkoreanische Reederei HMM bestellt Schiffe mit Methanol-Option. Laut Motorenhersteller MANDie Bestellungen für Methanolmotoren – bisher nur zehn Einheiten pro Jahr – haben sich verzwanzigfacht.
Segelboote bleiben Exoten
WAPS (wind-assisted propulsion systems) – windunterstützte Antriebssysteme – sind selbst im Vergleich zu einigen wenigen Methanol- oder Ammoniakschiffen immer noch absolute Ausnahmen. Windkraft lässt sich schneller umsetzen als neue Motorentechnik. Moderne Segel oder WindsegelFlettner-Rotoren – vertikal rotierende Zylinder, die bei seitlichem Wind für Schub sorgen– lassen sich leicht nachrüsten und sparen in der Regel sofort 5 bis 15 Prozent Kraftstoff, zumindest theoretisch.
Allerdings sowohl Segel – „harte Segel“, die eher vertikalen Flugzeugflügeln ähneln – als auch Flettner-Rotorentechnisch relativ aufwändig und seine Leistung hängt natürlich vom Wind ab, was sie für Reedereien unattraktiv macht. Schließlich spart das Segelboot, das im Herbst 2022 in Japan in Dienst gestellt wird, GeldEin 235 Meter langer Massengutfrachter der Reederei MOLLänge dank eines zusätzlich installierten Mastes, nach Angaben des Unternehmens fünf bis acht Prozent des Treibstoffverbrauchs.
Unabhängig von solchen Projekten sind im maritimen Bereich derzeit kaum echte Fortschritte beim Klimaschutz zu erkennen. Nicht einmal ein möglicher CO2ICCT behauptet, dass Einsparungen durch das Abfackeln von Gas tatsächlich erzielt wurden. Da die Motoren meist für den Dual-Fuel, also Diesel und Gas, ausgelegt sind und nicht bekannt ist, welcher Kraftstoff tatsächlich im Antrieb zum Einsatz kommt, wechseln Verlader je nach Verfügbarkeit und Preis schnell von einem zum anderen. Im Januar 2023 eingesetzte Kreuzfahrtschiffevon AIDAeMSCseine Dual-Fuel-Fähigkeit und stieg aufgrund steigender LPG-Preise wieder auf günstigeren Diesel um.
Größe spart vor allem Kraftstoff
mehr CO2Die Handelsschifffahrt spart also mit einer alten Strategie und nichts ohne Probleme: Gigantismus, ohne Unterbrechung im Schiffbau über Jahrzehnte. Denn je größer das Schiff, desto weniger Treibstoff verbraucht es im Verhältnis zur Ladungsmenge. Dies gilt insbesondere für Containerschiffe. Der taiwanesische Carrier Evergreen stellte mit seinem „EverAlot“ einen Rekord auf. Als das Containerschiff Ende 2022 in See stach, war die „Immer viel“, wie der Name schon sagt, das größte Containerschiff der Welt. Die Kapazität beträgt 24.004 Standardcontainer (TEU). Kein anderes Schiff schaffte es, so viel im Laderaum und an Deck zu stapeln. Voll beladen erreicht der Koloss die Höhe eines Bettes in der Berliner Charité.
Es heißt immer, dass das Upsizing irgendwann aufhören muss, aber bisher war das immer eine Lüge. Etwas mehr ist möglich. Die letzten Riesenschiffe sind sogar noch größer, sie sind mehr als 400 Meter lang und bieten Platz für mehr als 24.000 Standardcontainer.Beispielsweise die „MSCIrina“, die Anfang 2023 mit einer Kapazität von knapp 24.500 TEU auf den Markt kommen wirdwird in Dienst gestellt. Andererseits, sagt der Chef von Maersk, Sören Skoudass das Be- und Entladen dieser Riesenschiffe mit mehr als 30.000 Containern lange dauert. Die Hafenzeit ist sehr teuer, daher können längere Wartezeiten den Vorteil niedrigerer Versandkosten pro Container ausgleichen.
Trotz der immer schwieriger zu kontrollierenden Gefahren dieser Giganten – Beispiele sind die im Suezkanal festsitzende „EverGiven“ oder das Unglück der „MSCZoe“ in der Nordsee – versprechen die Schiffe geringere Transportkosten und weniger Emissionen im Verhältnis zum Ladungsvolumen . Der Fachjournalist Horst W. Laumanns schreibt im Buch „Megaschiffe“, dass für den Transport auf einem Schiff mit 20.000 TEU pro Container 50 % weniger Treibstoff verbraucht wird als auf einem Schiff mit einer Kapazität von 8.000 TEU.
Während also auch in Zukunft immer größere Schiffe gebaut werden, wird die schöne neue Welt der Navigation mit grünem Wasserstoffantrieb, Batterien oder Segelfrachtschiffen noch lange auf sich warten lassen. Denn laut Prognose80 % der Schiffe der weltweiten Flotte werden auch im Jahr 2030 noch Heizöl und Schiffsdiesel verwenden., der Rest ist Flüssiggas. Nun stünde Geld für Innovationen zur Verfügung, vielleicht um einige der tragfähigen Ideen umzusetzen. Dann2022 war das profitabelste Jahr für die Top-Ten-Reedereienjederzeit. Dies führte nicht zu einem wesentlich größeren Klimaschutz.